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 Betreff des Beitrags: Politik: verstärkter Wildtierschutz und mögliche Tierverbote
BeitragVerfasst: 14.07.2016, 06:37 
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Huhu,

ich habe einen ähnlichen Beitrag für das Deguforum verfasst. Tierverbote und möglicherweise Chinchillaverbote sind momentan zwar vom Tisch, aber angesichts der Tatsache, dass der Degu in den Niederlanden auf einer Verbotsliste gelandet ist und dort eigentlich nicht mehr gehalten werden dürfte, ist ein solches Szenario nicht gänzlich auszuschliessen (wobei Chinchillas wohl weniger schnell auf so einer Liste landen dürften als Degus, aber nach den zur Zeit kursierenden Definitionen was als Wildtier oder Exot gilt, könnte es auch die Chinchillas grundsätzlich treffen). Solche Verbotslisten machen auch seit Jahren in der deutschen Politik die Runde, gerade jüngst hat die Fraktion der Grünen wieder sowas in einem Antrag gefordert. Es wird zwar in den nächsten Jahren sicherlich zu weiteren Verschärfungen kommen, gerade bei der Haltung von Reptilien und exotischeren Säugetieren (Chinchillas werden wahrscheinlich nicht betroffen sein), aber die Entwicklung geht schon in eine Richtung, die früher oder später auch Deguhalter betreffen könnte. Daher kann ich nur empfehlen, informiert euch auch etwas zum Thema und verfolgt die Sache.

Für Interessierte habe ich im Degupediaforum eine kürzliche Debatte im deutschen Bundestag über den sogenannten Wildtierschutz etwas aufgedröselt:
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=3683
Marco Bergmann vom Terrarianer-Blog lieferte mir eine gute Vorrecherche und schrieb auch selbst einige Beiträge (aus Sicht der Terraristik) zum Thema, die ebenfalls lesenswert sind.

Um ganz kurz zusammenzufassen, was passierte:
Der Bundestag befasste sich neben zahlreichen anderen Themen auch mit dem Thema "Verbesserung des Wildtierschutzes", weil die Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD einen entsprechenden Antrag einreichte, welcher vermutlich eine Reaktion auf einen Antrag der Fraktion der Grünen war, welche deutlich weitreichendere Einschränkungen forderte, die eben auf Positivlisten (sprich Haltungsverbot für viele Tierarten und dabei wäre die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass es auch Degus treffen könnte), Verbot von Tierbörsen und noch einige andere Dinge.

Bemerkenswert am Antrag der Regierungskoalition ist, wie sie den scheinbar so unverfänglich tönenden Begriff "Wildtiere" definieren:

Zitat:
IV. Definition im Sinne dieses Antrages sind

a. Haustiere:
domestizierte Tiere der Pferde-, Rinder-, Schweine-, Schaf- und Ziegengattung, ausgenommen der exotischen Arten (Arten, die weder heimisch noch domestiziert sind); domestizierte Yaks und Wasserbüffel; Lamas und Alpakas; Hauskaninchen, Meerschweinchen, Farbratten, Farbmäuse, Haushunde und Hauskatzen; Haustauben sowie Hausgeflügel wie Haushühner, Puten, Perlhühner, Hausgänse und Hausenten; domestizierte Fische;

b. Wildtiere:
Wirbeltiere, außer den Haustieren, sowie alle Gliederfüßer (Arthropoda) und Weichtiere (Mollusca) sowie Hybride aus Wild- und Haustieren.

Quelle: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/087/1808707.pdf

Ausgedeutscht heisst das also:

Haustier:
Hauskaninchen, Hausmeerschweinchen, Farbratten, Farbmäuse, Nachkommen von Farb- und wilden Wanderratten etc.

Wildtier:
Mongolische Rennmaus. Persische Rennmäuse, Goldhamster, Zwerghamster (Phodopus-Arten), Steppenlemminge, Streifenhörnchen, Chinchilla, Degu, Cururo, Stachelmäuse, Knirpsmäuse, Vielzitzenmäuse, Fette Sandratten, Streifengrasmäuse, Akazienratten und viele mehr.

Sie übernehmen damit ziemlich genau die Definition von Wildtiere, wie sie auch gerne extreme Tierschützer von Peta, Pro Wildlife, animal public, etc. gerne sehen. Selbst der sonst eher gemässigte Deutsche Tierschutzbund hat seit längerer Zeit auch ein Problem mit Exoten und deren Haltung, wobei bei ihm vermutlich eher der Ekel vor exotischen Tieren und zum Beispiel auch Ratten im Vordergrund stehen dürfte und man nichts gegen klassische Tierarten wie Meerschwein, Kaninchen und vermutlich auch Goldhamster hat, während gerade Organisationen wie Peta klar auf ein generelles Tierhaltungsverbot hinarbeiten.


Empfehlenswert ist übrigens auch die Videoaufzeichnung der Verhandlung, welche ihr euch hier anschauen könnt:
http://dbtg.tv/cvid/6862656

Man sieht im Video auch Frau Altherr, welche für die einschlägig bekannte Pro Wildlife in vordester Front für die Verschärfung der Heimtierhaltung und für Verbote von sogenannten "Wildtieren" und "Exoten" weibelt. Ich fand es nur schon deswegen spannend, aber natürlich auch, um zu sehen, wie so eine Besprechung abläuft und mit welchen Argumenten die Politiker selbst argumentieren... teilweise ist es echt haarsträubend.

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 Betreff des Beitrags: Re: Politik: verstärkter Wildtierschutz und mögliche Tierver
BeitragVerfasst: 14.07.2016, 20:12 
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Beiträge: 2255
Ein interessantes Thema, welches du da anbringst und zum Denken anregst.

Ich kann mir jetzt gerade die Links nicht zu Gemüte führen (hole es aber alsbald nach). Mein momentaner spontaner Gedanke dazu ist aber, ob es nicht im Vorfeld schon richtig gewesen wäre die allgemeine Tierhaltung besser zu definieren und Grundsätze festzulegen, die "Exoten"haltung von vornherein nur unter bestimmten Haltungsbedingungen zu gestatten (inkl. Kontrollen) und das Tier allgemein vor dem Gesetzt anders einzustufen.

Jetzt mit sowas rumkommen, wo die Amtstierärzte und Prüfungsgremien so schon kaum reagieren, wenig Handhabe haben und dergleichen (bei fast allen Tierarten in Menschenhaltung) finde ich schon etwas drastisch.

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LG Janet

Man trägt für so lange Zeit eine Maske, dass man vergisst, wer man darunter eigentlich ist ;)


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 Betreff des Beitrags: Re: Politik: verstärkter Wildtierschutz und mögliche Tierver
BeitragVerfasst: 15.07.2016, 21:10 
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Breifallklatscher

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Für mich ist es ein weiterer Beweis, dass Politker landesübergreifend ziemlich schemenhaft denken und den Bezug zur Realität weitensgehend verloren haben.... Für mich persönlich wäre es viel wichtiger und nützlicher, dass sie sich für eine artegrechtere Haltung von "Haustieren" im Sinne von Schweinen, Kühen, Hünern usw. einsetzen als solche komische Gesetzentwürfe hereingeben... Aber ich bin eben kein Politiker.

LG, Diana

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Kinder und Tiere sind Boten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Politik: verstärkter Wildtierschutz und mögliche Tierver
BeitragVerfasst: 16.07.2016, 18:07 
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Moderator und Technik
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Registriert: 02.05.2007, 20:50
Beiträge: 7985
Wohnort: Zürich / Schweiz
Zitat:
Mein momentaner spontaner Gedanke dazu ist aber, ob es nicht im Vorfeld schon richtig gewesen wäre die allgemeine Tierhaltung besser zu definieren und Grundsätze festzulegen, die "Exoten"haltung von vornherein nur unter bestimmten Haltungsbedingungen zu gestatten (inkl. Kontrollen) und das Tier allgemein vor dem Gesetzt anders einzustufen.

Naja man muss sich halt auch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte bewusst werden. Die Heimtierhaltung, wie wir sie heute kennen, die entstand vielleicht etwa in den 1970er Jahre, zuvor waren das Nutztiere, man hielt Kaninchen zur Fleischgewinnung, das gab dann ein oder zweimal pro Jahr einen guten Sonntagsbraten. Auch Meerschweinchen wurden teilweise gegessen, teilweise hielt man sie um Mäuse zu verjagen. Sie waren gerade auf dem Land allgemein eher exotisch. Natürlich dürfte die Tierhaltung bzw. die Haltung von Spieltieren, wie das damals hiess, schon seit deutlich längerer Zeit eine Rolle gespielt haben. Und natürlich hielten Kinder und teilweise Erwachsene schon Anfangs des 20. Jahrhunderts einheimische Kleinsäuger in Terrarien, aber auch Frösche, Lurche und Reptilien... man fing die draussen und setzte sie dann ins Terrarium. Manche überlebten, vermehrten sich, manche gingen ein. Später fing man dann an das zu reglementieren, irgendwann durfte man nicht mehr einfach in der Natur was fangen und ins Terrarium setzen. Da brauchte man dann Haltungsbewilligungen etc.
Bei den exotischen Tierarten war das anders. Da stand anfangs die Pelzzucht im Vordergrund (Chinchillas, Sumpfbiber, Füchse, Nerze usw.) und die Idee der Wertanlage (Chinchillas). Später eben so um die 1970er kamen dann Labortiere auf, zum Beispiel Goldhamster, aber auch Streifenhörnchen, Rennmäuse und bald auch Stachelmäuse, Degus und irgendwann auch Steppenlemminge etc. Das wurde langsam mehr und nahm dann in den 1990er Jahre nochmals deutlich an Fahrt an, bis dann etwas nach der Jahrtausendwende der ganze Boom wieder zusammenstürzte und seit da die Nachfrage nach exotischen Kleinsäugern stetig zurückgeht...

Natürlich ist es da keine so einfache Sache, da erstens den Trend rechtzeitig festzustellen und darauf richtig zu reagieren. Zudem ist das Ausarbeiten von gesetzlichen Bedingungen auch so eine Sache, einerseits müsste das dann auch kontrolliert werden, was wiederum Aufwand ist und auch Geld kostet, anderseits sollten Regulierungen sinnvoll sein. Das Vorpreschen mancher Länder ist da beispielsweise teilweise deutlich kontraproduktiv, gerade die ganzen Positivlisten in Hessen, mit welchen zahlreiche Tierhaltungen illegal wurden und die Tiere dann letztlich notgedrungen in den Tierheimen landeten, welche damit überfordert waren.

Zitat:
Jetzt mit sowas rumkommen, wo die Amtstierärzte und Prüfungsgremien so schon kaum reagieren, wenig Handhabe haben und dergleichen (bei fast allen Tierarten in Menschenhaltung) finde ich schon etwas drastisch.

Problematisch ist ja auch, dass man gerade gegen exotische Arten die Bedingungen verschärft, während zum Beispiel Massentierhaltungen und Nutztierhaltungen ungeschoren davonkommen, obwohl gerade auch dort vieles im Argen liegt.

Zitat:
Für mich ist es ein weiterer Beweis, dass Politker landesübergreifend ziemlich schemenhaft denken und den Bezug zur Realität weitensgehend verloren haben....

Ich muss ehrlich sagen, dass ich die Politiker ein Stück weit auch verstehe. Du musst bedenken, dass diese Woche für Woche Sitzungen zu unterschiedlichsten Themen haben, sie sind teilweise ganze Tage damit beschäftigt, von einem Thema zum nächsten zu diskutieren, hier der Stenobericht gibt da einen guten Einblick, wie so ein Tag eines Politiker aussieht, mit was er sich so beschäftigt:
http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18176.pdf

Und dann kommt dann so ein Thema wie Wildtierschutz/Wildtierhandel, das viele Politiker vermutlich nicht so gross interessiert, weil sie vielleicht noch andere Themen haben, an denen sie arbeiten, bei denen sie Lösungen brauchen und die sie beschäftigen. Ich finde da gibt das Video zur Diskussion auch einen guten Einblick:
http://dbtg.tv/cvid/6862656
Ich hab da schon etwas Respekt von der Arbeit, welche die Politiker tagtäglich tun. Andererseits habe ich auch das Gefühl, dass sowas stark verschleisst und man da einen Ausgleich dazu braucht, einerseits um den Kontakt zum Volk und zum Alltag nicht zu verlieren, andererseits um auch wieder sich zu erden und wieder Energie zu tanken.

Zitat:
Für mich persönlich wäre es viel wichtiger und nützlicher, dass sie sich für eine artegrechtere Haltung von "Haustieren" im Sinne von Schweinen, Kühen, Hünern usw. einsetzen als solche komische Gesetzentwürfe hereingeben... Aber ich bin eben kein Politiker.

Da bin ich ganz bei dir. Aber ich denke, da ist der Widerstand deutlich grösser, da die Agrarindustrie eine sehr starke Lobby hat, mit denen die meisten Politiker sich wohl nur ungern anlegen wollen.

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