Huhu,
heute hab ich wieder mal in alten Ratgebern von GU, Kosmos und Co. gekramt.
Ich fasse das hier mal ein bisschen zusammen:
1. Michael Kürschner für den Kosmos-Verlag, fand ich ziemlich interessant zu lesen, einerseits recht pragmatisch, andererseits so einige Mythen von denen ich eigentlich dachte, sie wären eine Interneterfindung...
wir fangen an mit der 1989er Ausgabe von "Unser Chinchilla", bzw. deren zweite Auflage aus dem Jahre 1992. Zu dem Zeitpunkt gab es noch fast keine Deguliteratur, gut Falken (Mettler) und Kosmos (Sporon) hatten gerade ihre ersten Bücher veröffentlicht (die kamen 1990 raus, Zweitauflage dann 1995)... man könnte das dogmatisch also als finsteres Mittelalter bezeichnen, doch lassen wir das und wenden uns lieber dem Inhalt zu...
Vorab noch ein paar allgemeine Worte, das ganze Büchlein, die Ernährung hat 5 Seiten, zum Vergleich 71 Seiten Gesamtumfang, das Buch komplett schwarz-weiss, bis auf ein paar Seiten jeweils nur mit farbigen Fotos, was dem Büchlein jedoch keinen Abbruch tut, es wirkt aufgeräumt und ansprechend, wobei klar, heute könnte man deutlich bessere Fotos auswählen und diese auch ansprechender präsentieren.
Inhaltlich:
Richtig füttern (S. 41ff)
in der Einleitung zum Futterkapitel geht Kürschner auf ein paar grundsätzliche Dinge ein, so die Ernährung in der Wildnis, wobei schon hier das ein bisschen unglücklich vonstatten geht. Die Chinchillas bewohnen wieder einmal die Hochanden (anstatt dem Flachland, bzw. den niederen Lagen des Küstengebirges) und ihre Nahrung besteht aus "vertrockneten Pflanzen, deren Sämereien und Früchten" und "Abwechslung bringen Baumrinden, Kakteen und - sehr selten - frische Gräser". Gut ja frische Gräser sind wohl eher auf die wenigen regenreichen Monate beschränkt, andererseits wenn es etwas Feuchtigkeit für Gras gibt, sollte das sich möglicherweise durchaus auch länger halten können. Soweit ich weiss, werden Gräser ganzjährig gefressen, jedoch mit Vorliebe wenn sie frisch sind und üppig wachsen. Bei der Rinde dürfen wir dagegen eher von Sträuchern ausgehen, denn Chins sind keine Waldbewohner und was in den eher trockenen Lebensräumen der Provinz Coquimbos wächst, dem Schwerpunkt ihres Verbreitungsgebietes, sind eher Sträucher denn Bäume. Aber das ist geschenkt und letztlich ein Detail.
Erwähnung findet unter anderem auch die Darmlänge (3 m) und was es damit auf sich hat, denn "Selbst die nährstoffärmste Nahrung wird auf dem langen Weg im Darmtrakt restlos ausgewertet". Restlos, wir wollen nicht übertreiben, aber das ist da schon gut gemeint mit der Effizienz des Chinchilladarms, aber auch hier gibt es gewiss Verluste.
Eine weitere solche Verallgemeinerung finden wir dann noch bei den Vitaminen des "Chinchillagrundfutters" (wohl sind da primär Pellets gemeint), welche wegen der "Vitaminisierung" nur 3-6 Monate nach der Herstellung haltbar seien. Hier wäre eine bessere Erklärung sicher auch nicht verkehrt gewesen, weil ich bin mir da nicht sicher, wie viele Halter nach der Lekture dieser Aussage sich dachten, dass man das Futter nach dieser Zeit wegschmeissen müsste, da es die Haltbarkeit überschritten hätte, dabei geht es lediglich um die Vitamine und den Umstand, dass man lieber kleinere Mengen Futter kaufe und diese dafür nicht so lange lagere, was ja durchaus auch eine sinnvolle Empfehlung ist. Was mir jedoch sehr gut gefallen hat, sind die konkreten Zahlen, wie sich der Autor die Chinchillafütterung vorstellt, sie zeigen nämlich auch etwas auf über die Vorstellungen zur Fütterung damals:
Zitat:
Für ein normales Chinchilla rechnet man pro Monat ca. 500 g Heu, 450 g Hauptfutter (Pellets und Körnermischungen), 80-100 g Grünkost (Obst, Gemüse, Wildkräuter) und ca. 100 g Trockenfrüchte (Hagebutten, Rosinen, getrocknete Äpfel, Vollkornbrot).
Quelle: Kürschner 1992, S. 41
Klar, das sind jetzt Rosinen für die Anhänger der These "alte Tierratgeber sind für den Mülleimer", egal ob man jetzt ein Befürworter von Pellets oder strikter Gegner ist, denn für beide Seiten geht er zu viele Kompromisse ein. Ich persönlich finde allerdings auch problematisch der hohe Anteil an Trockenfrüchte, denn 100 g sind eine ordentliche Menge für solch kleine Tiere, gerade wenn es sich um Leckerbissen handelt. Bei der Grünkost kämen wir dagegen etwa auf die 20 g pro Woche, pro Tag bleibt da nicht mehr viel, wenn man denkt, dass das kein Leckerbissen ist sondern ursprünglich mal als Hauptfutterbeigabe, zumindest zu Zeiten von Bickel, Zettl und Co.
Zitat:
Das Hauptfutter
Das Hauptfutter besteht aus speziellen Chinchillapellets. Pellets (oder auch Pressfutter genannt) sind nichts anderes als getrocknetes Grünfutter, das in sehr kleinen Röllchen gepresst wurde. Die Chinchillapellets sind häufig mit Mineralien und Vitaminen angereichert und in allen Zoofachgeschäften erhältlich. Da dieses Hauptfutter grundsätzlich den Nahrungsbedarf decken kann, kann man es auch als Alleinfutter betrachten. Um aber auch in die Futterzusammensetzung Abwechslung zu bringen, kann ab und zu das normale Fertigfutter für Zwergkaninchen als Kraftfutter gereicht werden.
Quelle: Kürschner 1992, S. 41
Man beachte hier das Missverständnis, dass Pellets aus getrocknetem Grünfutter bestehe, was bekanntlich so nicht stimmt, zumindest das damals übliche und heute noch in der Regel im Zoohandel erhältliche Pelletfutter ist kein getrocknetes Grünfutter, sondern besteht in erster Linie aus einer Reihe von pflanzlichen Abfallprodukten. Allerdings denke ich hier auch, dass man sich dessen noch nicht so bewusst war und der Sache nicht so genau auf den Grund ging, der Autor kann in diesem Sinne in gewissem Masse als Zeitzeugen verstanden werden, viele andere Chinchillahalter hätten wahrscheinlich das sehr ähnlich erklärt, wahrscheinlich weil das damals vermutlich so weitergegeben wurde, von Tierärzten, Zoohandlungen, Futtermittelverkäufern usw. Dass der Autor zudem empfiehlt für Abwechslung das Futter mit Kaninchenfutter etwas abzuwechseln, mag heute abschreckend klingen, erscheint mir aber vom zugrundeliegenden Gedanken sehr undogmatisch und durchaus sympathisch, auch wenn es vielleicht von der Sache und dem Resulatat her nicht gerade so eine tolle Idee ist. Im Nachhinein kritisiert es sich jedoch immer leicht.
Was dann aber kommt, finde ich hochspannend. Kürschner schlägt nämlich vor, die Fütterung in zwei Portionen aufzuteilen, in eine energiereiche am Abend für den Beginn der Aktivitätszeit, für die empfiehlt er wörtlich eine "kraftvolle Kost (Chinchillapellets)", meint aber auch dass Körner von verschiedenen Getreidesorten wie Gerste, Weizen, Hafer, Hirse, Naturreis und Leinsamen ergänzend gereicht werden könnten.
Für den Morgen empfiehlt er dagegen "eine leichte Kost für die Ruhepause" und die bestehe zum Beispiel aus Haferflocken mit Weizenkleie und Leinsamen und einem kleinen Teil Chinchillapellets. Ok, das klingt jetzt auch nicht so nach leichter Kost, gerade Haferflocken und Leinsamen sind nicht gerade karg, Pellets ebensowenig.
Und als Ersatz für Haferflocken könne man auch ohne weiteres Hundeflocken (er erwähnt dabei Matzinger Hundebioflocken... gab es damals eigentlich schon Bioprodukte für Hunde??) verwenden, davon aber nicht mehr als ein Esslöffel pro Fütterung.
Ferner gibt Kürschner noch zu bedenken, dass Futterumstellungen häufig nicht vertragen würden, man solle beim Hauptfutter daher die gewohnten Mischungen beibehalten.
Heu
Da steht zwar viel bekanntes, einiges fand ich dennoch interessant. Fangen wir beim Anfang an:
"Heu ist für Chinchillas fast noch wichtiger als das tägliche Grundfutter." Denn die tägliche Handfoll Heu entspreche "weitgehendst der natürlichen Ernährung" und dürfe auf dem Speiseplan niemals fehlen. Sie sei ballaststoffreich, einige Züchter hätten festgestellt, dass in manchen Situationen Heu als Alleinfutter ausreichend gewesen sei, trotz des geringeren Nährstoffgehalts als das energiereiche Hauptfutter. Dann gibt es noch ein paar Zeilen zur Qualität, wie es riechen soll und wie man es lagert, alles wohlbekannt.
Interessanter wird es dann wieder mit dem Bergwiesenheu oder Wiesenheu, das hervorragend geeignet sei. Der Autor bedauert ferner, dass Luzerneheu selten angeboten werde, obwohl es "in der Nagerhaltung von Bedeutung wäre". Daher empfiehlt er im Handel erhältliche Luzernewürfel als Ersatz und Pellets, die es im Zoohandel zu erwerben gäbe.
Frische Grünkost
Zitat:
Ein Chinchilla mag noch so genügsam sein, ein bisschen Grünkost nimmt es gern, und obendrein bekommt es ihm ausgezeichnet. Grünkost ist ferner ein willkommenes Saftfutter mit der Möglichkeit, sogar den Flüssigkeitsbedarf völlig damit abzudecken.
Es sind keine grossen Mengen, die verzehrt werden, schon ein Löwenzahnblatt, ein kleines Stück Möhre oder Apfel decken den Bedarf völlig.
Quelle: Kürschner 1992, S. 43
Zuviel solls dann auch wieder nicht sein, das gäbe Reste, die man täglich entfernen müsse, da sie sonst verderben täten mit bösen Folgen für die Chins. Man finde aber bald heraus, wieviel Chinchillas täglich essen.
Weiter schreibt Kürschner:
Zitat:
Viele Züchter verzichten völlig auf Frischkost und reichen nur das täglich frisch gefüllte Trinkröhrchen. Da frische Pflanzennahrung jedoch reich an Vitaminen und Mineralstoffen ist, sollten wir auf dieses wertvolle Beifutter nicht verzichten.
In der warmen Jahreszeit hat man es einfach und sammelt die Blätter von Löwenzahn, Gänseblümchen, Klee und Spitzwegerich, auch ein paar Gräser dürfen dabei sein [...] Obendrein sollte das frischgepflückte Saftfutter niemals nass verfüttert werden, da es sonst zu schweren Verdauungsstörungen führen kann. Obast, das im allgemeinen sehr saftreich ist, sollte man vorsichtig füttern und ebenfalls nur kleine Mengen verabreichen.
Quelle: Ebenda, S. 44-45.
Er spricht dann noch ein paar weitere Themen an, unter anderem die Aufzucht von Keimlingen in Pflanzschalen, z.B. aus Samen von Weizen, Hafer, Kresse, Buchweizen, Sonnenblumen und Luzerne.
Leckerbissen
Interessanterweise erwähnt er hier erst mal das Nagebedürfnis und in diesem Zusammenhang diverse Bäume: Weide, Buche, Esche, Birke, Haselnuss, Obstbäume. Und er gibt zu bedenken, dass "Harthölzer wie z. B. Eichenholz" wegen "unverträglicher Inhaltsstoffe" nicht geeignet wären. Ferner seien unter den Rinden wertvolle Faserstoffen enthalten, ein guter Teil der Leckerbissen widmet der Autor also dem Holz, doch dann wechselt er das Thema und meint, dass Knabberstangen für Hamster und Zwergkaninchen ersatzweise verwendet weden könnten, aber auch hartgebackener Hundekuchen oder ein Stück hartes Vollkornbrot und das im Handel erhältliche "Landsberger Gemenge". Richtig stellt er jedoch wiederum fest, dass ein Übermass an Trockenfrüchten schädlich sein könne, während sie in kleinen Mengen gesundheitsfördernd wirkten. Man bekomme die Früchte aus dem Reformhaus und man solle achten, dass sie ungeschwefelt seien. Eine 125g-Tüte sei erst in 5-6 Wochen verbraucht, sie halte also lange hin. Ferner bemerkt er noch:
Zitat:
Nagergemüse und Waldkräutermischungen, wie sie für Zwergkaninchen häufig angeboten werden, sind auch für unsere Chinchillas als leckere Trockenbeikost geeignet.
Quelle: Ebenda, S. 45.
Futterergänzungen
Behandeln den wichtigen und unerlässlichen Nagerstein, so zumindest die Auffassung des Autors. Die Nagezähne würden damit geschärft und er sorge für die nötige Versorgung mit Calcium und Mineralstoffe, man könne alternativ aber auch Kalktabletten für Hunde füttern, wenn der Stein nicht angenommen würde. Ferner seien Hefeflocken, wie sie für Hund und Katze bekannt seien, gesund für Haut und Fell. Sie empfehle sich auch bei Fellbeissen und Haarwechsel und bei überstandener Krankheit. Und Obstessig soll den Verdauungstrakt stärken, ein Teelöffel pro 0,25 l Wasser soll dazu sinnvoll sein.
Auch Chinchillas haben Durst
Eine Tränke soll angeboten werden (obwohl das anfangs Kapitel noch anders tönt), ein Fassungsvermögen von 0,125 l sei dafür gut geeignet. Man solle sich aber keine Sorgen machen, wenn die Chins nur wenig davon tränken, wenn man ihnen genügend frische Grünkost biete, würden sie nicht verdursten. Die Flasche solle wöchentlich mit heissem Wasser gereinigt werden.
Mein Fazit:
Alles in allem ist recht pragmatisch, in einigen Teilen jedoch klar überholt oder zumindest nach heutigen Erfahrungen fragwürdig, auch einige Informationen sind für heutige Verhältnisse doch eher unreflektiert, bilden wohl aber den damaligen Kenntnisstand ab. Insgesamt aber ist erfrischend wie undogmatisch die Infos daherkommen, man merkt aber auch wie stark sich die Haltung in der Zwischenzeit geändert hat und zumindest in gewissen Teilen auch entsprechende Fortschritte mit sich gebracht hat.