Es geht ja auch nicht unendlich weiter ... jedes Tier hat bei optimaler Strukturierung und Futterangebot eine gewisse Fläche, die es beansprucht. Weit unterhalb dieser vom Tier beanspruchten Fläche findet sich ein Bereich, in dem keine Stereotypien mehr auftreten und das volle Verhaltensinventar gezeigt werden kann (klar, die Gruppenzusammenstellung muß dann etwa dem entsprechen, was man auch in freier Wildbahn oder dem Ursprung der Tiere vorfindet, eine Chinchillabockgruppe wird beispielsweise genausowenig Jungenaufzucht zeigen können wie eine Weibergruppe mit ein oder mehreren kastrierten Chinchillaböcken). Bei den meisten Säugetieren liegt dieses stereotypiefreie Platzangebot bei ca 10% der vom Tier von sich aus beanspruchten Fläche.
Beim Hausmeerschweinchen ist also die Obergrenze bei 200 - 500qm erreicht, eine Gruppe Hausmeerschweinchen kann also auf 20qm - 50qm locker artgerecht untergebracht werden, beim Kaninchen sind es 1000qm - 4000qm, auch hier kann man alle Verhaltensweisen ab 100qm sehen, einschließlich die Revierbildung von mehreren Rammlern (unter Wohnungsbedingungen nicht, aber das hat einfach Gründe mit der Strukturierung und den Klimaverhältnissen einer Wohnung).
Bei Eichhörnchen ist sogar diese 10%-Mindestangebot umgesetzt worden, enger darf man Eichhörnchen nicht halten. Bei fast allen anderen Tieren ist es dagegen ein menschlicher Kompromiß, der nix mit dem Platzbedürfnis der Tiere zu tun hat ...
Wer Chinchillas gesehen hat, wie sie sich verhalten, wenn sie eben nicht in kleinen Volieren oder gar den typischen vom Tierschutz empfohlenen Winzkäfigen, wird mir rechtgeben - die Chins passen sich nicht den kleinen Käfigen an, sie zeigen nur eine ganze Reihe von Verhaltensweisen nicht mehr, weil sie keinen Platz dafür haben. Dafür zeigen sie insbesondere in den frühen Morgenstunden ab zwei Uhr jede Menge Verhaltensweisen, die eben normalerweise bei Chins nicht zu beobachten sind - also Stereotypien im weiteren Sinne.
Interessant ist hierzu auch die Mindestanforderungen, die das Bundesamt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aufgestellt hat:
Zitat:
7.5.8. Chinchillaartige (Chinchilloidea) als Wildarten
(1) Die Gehege haben folgende Maße aufzuweisen:
Arten
Gehegegröße (Mindestmaße), (jedes weitere Tier zusätzlich 10% der Fläche)
Chinchillas (Chinchilla) (pro Paar) 8 m2
Viscacha (Lagostomus) (pro Paar) 20 m2
(2) Den Tieren sind sowohl ein Innen- als auch ein Außengehege bereit zu stellen. Die Raumhöhe
muss mindestens 2 m betragen.
(3) Die Temperatur der Innenräumen muss mindestens 15 °C betragen.
(4) Im Gehege sind ausreichende Kletter- und Versteckmöglichkeiten sowie Etagen einzurichten.
(5) Die Tiere sind paarweise oder in Familiengruppen zu halten.
(6) Zur Zahnabnutzung ist für regelmäßige Gaben von Ästen und anderen Hartmaterialien zu sorgen.
Im gleichen Pamphlet steht dann für die Hobbyhaltung:
Zitat:
3.2. Mindestanforderungen für die Haltung von Chinchillas (Chinchillidae):
(1) Die Tiere sind paarweise zu halten.
(2) Die Käfiggröße muss mindestens 120×80×100 cm (Länge×Breite×Höhe) betragen.Für jedes
weitere adulte Tier sind 20% der Bodenfläche hinzuzurechnen.
(3) Den Tieren sind eine Schlafhöhle, Sitzbretter in unterschiedlicher Höhe und täglich ein Sandbad
mit Chinchillaspezialsand anzubieten.
Mit welcher Begründung eigentlich?
Egal, ob "Wildchinchillas" oder Chinchillas im Heimtierbereich, sie stammen von Chapmans Tieren ab, denn seitdem sind offiziell keine Chins mehr dort geklaut worden. Frischblut kam immer nur durch die Pelzer mit rein - für Zoos wurden mit einiger Sicherheit keine Chins extra gefangen. Es gibt also keine Wildchinchillas, man hat es immer mit der domestizierten Form in Gefangenschaft zu tun, oftmals stammen die "Wildchinchillas" der Zoologischen Gärten sogar nachweislich von Pelzern ...
Noch kurioser werden diese menschengemachten Mindestanforderungen übrigens, wenn man dann im selben Pamphlet für Degus liest:
Zitat:
3.9. Mindestanforderungen für die Haltung von Degus (Octodon degus):
(1) Die Tiere sind paarweise oder in Gruppen zu halten.
(2) Die Käfig oder Terrariengröße muss pro Paar mindestens 100×50×100 cm (Länge×Breite×Höhe)
betragen. Für jedes weitere adulte Tier sind 20% der Bodenfläche hinzuzurechnen
(3) Den Tieren sind eine dreidimensionale Anordnung der Käfigstrukturen, eine Einstreuhöhe von
mindestens 10 cm und ein Sandbad anzubieten.
Degus sind halbe Portionen, wenn man sie mit der Größe der Chins vergleicht ... mit welcher Begründung also brauchen sie fast genauso viel Platz wie Chinchillas?
Quelle:
BGBl. II - Ausgegeben am 17. Dezember 2004 - Nr. 486
Nur mal ein paar Murxistische Gedanken zu dem Thema Platzangebot ...
Ich selbst werde auch bei der Außenvoliere nur einen Kompromiß eingehen können, es ist halt einfach ein Preisproblem. Medo büxt mir aus, wenn sie die Möglichkeit zu hat, ich brauch also einen Hochsicherheitstrakt - und das macht das Ganze teuer, weil der Schutzraum nen Betonboden braucht und der Außenteil nach unten und oben vollvergittert sein muß. Wie groß ich also diese Voliere machen kann, weiß ich nicht, sie wird jedoch auf jeden Fall größer, wie die ca. 20qm, die sie jetzt zur Verfügung haben, einfach, weil die Voliere sonst keinen Sinn hätte.